RAF - Rote Armee Fraktion

 

Die RAF (anfangs auch: Baader-Meinhof-Gruppe) war eine linksextreme, terroristische Vereinigung, die 1970 gegründet wurde und sich selbst als antiimperialistische Stadtguerilla nach südamerikanischem Vorbild sah. Wie viele junge Menschen in den 60er Jahren hatten die späteren RAF-Mitglieder früh eine kritische Haltung zum Kapitalismus, zur par- lamentarischen Demokratie und zu den damals prägenden bürgerlichen Lebensformen entwickelt. Die "Große Koalition" von 1966-1969 provozierte die Bildung einer APO (außerparlamentarischen Opposition), die vor allem gegen Altnazis in Führungspositionen und die geplanten (und dann auch beschlossenen) "Notstandsgesetze" protestierte. Gemeinsam war vielen jungen Menschen damals auch die Ablehnung der US-Politik, besonders des Vietnam-Kriegs. Man empfand sich als solidarisch mit vielen Befreiungsbewegungen in aller Welt, z.B. auch mit der Bürgerrechtsbewegung der Schwarzen in den USA und deren radikalem Zweig, den "Black Panthers".

Viele RAF-Mitglieder der ersten Generation wurden durch die Tötung des Studenten Benno Ohnesorg bei einer Demonstration gegen den Staatsbesuch des Schahs von Persien in Berlin am 2. Juni 1967 radikalisiert. Ein Berliner Polizist, von dem man erst seit kurzem weiß, dass er auch für die Stasi gearbeitet hat, hatte den Schuss - völlig unbedrängt und wohl in voller Absicht - auf Ohnesorg abgegeben, wurde aber von seinen Vorgesetzten gedeckt und nicht für die Tat bestraft.

Die gewaltsame Befreiung von Andreas Baader am 14.05.1970 aus der Haft in Berlin wird als Geburtsstunde der RAF bezeichnet. Baader und Ensslin hatten 1968 in Frankfurt Brandstiftungen in zwei Kaufhäusern vorgenommen. Der Haft hatten sie sich durch Flucht nach Frankreich entzogen; Baader war aber nach seiner Rückkehr in Deutschalnd wieder festgenommen worden.

Als Ziele setzte sich die Gruppe den „bewaffneten Klassenkampf' und den „Antiimperialismus" — jeweils im kommunistischen Sinn — sowie die Entmachtung der Bundesregierung und deren "Handlanger". Damit waren z.B. wirtschaftliche Führungskräfte und hohe Beamte gemeint.

Mittel der RAF waren unter anderem Mordanschläge, Erpressungen, Banküberfälle und Lösegeldforderungen. Nach der Festnahme fast aller Mitglieder der ersten Generation trat 1974/75 und dann vor allem 1977 eine weitere Generation von RAF-Terroristen auf.

 Am meisten Aufsehen erregte die Entführung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hans-Martin Schleyer im Herbst 1977, bei der die vier Begleiter Schleyers kaltblütig ermordet wurden. Schleyer stand nicht nur als Arbeitgebervertreter im Fokus der RAF, sondern auch aufgrund seiner Vergangenheit als SS- Offzier.

Ziel der Entführung war die Befreiung von inhaftierten RAF-Mitgliedern, besonders Gudrun Ensslin, Andreas Baader und Jan-Carl Raspe. Nachdem die Bundesregierung um Kanzler Helmut Schmidt und der alle demokratischen Parteien einbindende "Große Krisenstab" nicht auf die Forderungen der Entführer eingegangen war, wurde als nächster terroristischer Akt die Lufthansa-Maschine "Landshut" von der PFLP-SC ins somalische Mogadischu entführt. Als die RAF-Häftlinge im Gefängnis in Stuttgart-Stammheim von der Befreiung der Geiseln und vom Tod der Flugzeug-Entführer hörten, begingen Baader, Ensslin und Raspe Selbstmord; eine weitere Frau, Irmgard Möller, überlebte ihren Selbstmordversuch. Schleyers Entführer ermordeten daraufhin den Arbeitgeberpräsidenten.

Fahndungsplakat vom Herbst 1977. Stadtarchiv Bamberg
Fahndungsplakat vom Herbst 1977. Stadtarchiv Bamberg

Unterteilung in 3 Generationen:

 

Insgesamt hatte die RAF im gesamten Verlauf ihrer Geschichte zwischen 60 und 80 direkte Mitglieder; sie fand in ihrer Anfangszeit einigen Rückhalt in der Bevölkerung, besonders bei einem großen Unterstützerkreis, der sie versteckte, ihr Wohnungen oder Geld beschaffte.

 

1. Generation (14. Mai 1970 - 1977)

 

Wichtigste Mitglieder waren Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Holger Meins, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe. Sie finanzierten sich durch Banküberfälle, verübten Bombenanschläge gegen staatliche Einrichtungen und Einrichtungen des US-Militärs und wurden im Rahmen der bis dahin größten Fahndungsaktion der deutschen Polizei im Juni 1972 verhaftet. Nach umstrittenen Untersuchungshaftbedingungen wurde ihnen im eigens dazu errichteten Hochsicherheitsgefängnis Stuttgart-Stammheim 1975-77 der Prozess gemacht. Holger Meins starb durch einen Hungerstreik im Jahr 1974; Ulrike Meinhof verübte im Verlauf des Prozesses am 8./9. Mai 1976 Selbstmord. Nachdem sie zu lebenslanger Haft verurteilt worden waren und die Befreiungsversuche des Jahres 1977 keinen Erfolg gehabt hatten, begingen auch die übrigen genannten Mitglieder Selbstmord.

 

 

2. Generation (1972-1982)

 

Siegfried Haag, Roland Mayer, Brigitte Mohnhaupt, Peter-Jürgen Boock, Christian Klar, Verena Becker, Günter Sonnenberg, Stefan Wisniewski, Susanne Albrecht, Christine Dümlein und andere gehörten zu dieser Gruppierung. Zentrales Ziel war bis zum Herbst 1977 die Befreiung der bisherigen RAF-Gefangenen. Am 24. April 1975 besetzten deutsche RAF-Terroristen die bundesdeutsche Botschaft in Stockholm. Nach dem Mord an zwei Botschaftsangehörigen endete die Geiselnahme durch eine von den Geiselnehmern selbst versehentlich ausgelöste Explosion. 1977 eskalierte der Terror: Am 7. April wurden der Generalbundesanwalt Siegfried Buback und zwei seiner Begleiter in Karlsruhe erschossen - die Täter sind bis heute nicht eindeutig identifiziert. Beim Versuch der Entführung ermordeten Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar am 30. Juli den Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, in seinem Haus - Pontos Patenkind Susanne Albrecht hatte den Mördern Zutritt verschafft. Am 5. September 1977 begann schließlich die Schleyer-Entführung. In deren Zusammenhang gab sich das palästinensische Entführungskommando für das Lufthansa-Flugzeug "Landshut" den Decknamen von Brigitte Kuhlmann aus dem Jahr zuvor mit dem Zusatz "Märtyrer": Commando Martyr Halimeh (siehe Bild).

1978-1982 hörte der Terror nicht auf; die meisten Mitglieder der RAF wurden aber im Laufe dieser Jahre verhaftet und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Hans-Martin Schleyer als Geisel; rechts im Bild die Namen der beiden Terrorkommandos des Herbstes 1977: "Commando Siegfried Hausner" für die Schleyer-Entführer, "Commando Martyr Halimeh" für die Mogadischu-Entführung. " picture-alliance / dpa
Hans-Martin Schleyer als Geisel; rechts im Bild die Namen der beiden Terrorkommandos des Herbstes 1977: "Commando Siegfried Hausner" für die Schleyer-Entführer, "Commando Martyr Halimeh" für die Mogadischu-Entführung. " picture-alliance / dpa

3. Generation (1982-1998)

 

Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld sind die einzigen wirklich bekannten Namen der RAF aus dieser Zeit - tatsächlich muss der Kreis der Täter aber größer gewesen sein, ging allerdings mit großem Geschick vor und hinterließ kaum verwertbare Spuren.  Ziel war nicht mehr die Befreiung von Gefangenen, sondern präzise geplante Attentate - oft in Kooperation mit anderen linksterroristischen Gruppen (z.B. Action Directe in Frankreich). Ermordet wurden weiterhin Vertreter des bundesdeutschen Wirtschaftslebens und der Politik sowie deren Begleiter: 1985 Ernst Zimmermann (MTU-Manager), 1986 Kurt Beckurts (Siemens-Manager) und Gero von Braunmühl (Außenministerium), 1989 Alfred Herrhausen (Vorstand Deutsche Bank) und 1991 Detlev Karsten Rohwedder (Präsident der Treuhand).

Nach dem Tod von Wolfgang Grams bei einer Schießerei mit der Polizei und der Festnahme von Birgit Hogefeld erklärten die verbliebenen, unbekannten RAF-Mitglieder am 20. April 1998 in einem Brief an die Kölner Adresse der britischen Nachrichtenagentur Reuters die Auflösung der Terrorgruppe.