Gründung und Ideologie
1967 gewann Israel den Sechstagekrieg gegen seine arabischen Nachbarn mit der Folge, dass Israel unter anderem das Westjordanland und den Gazastreifen besetzte und damit die Not der Palästinenser
steigerte. Als eine Antwort auf den Sechstagekrieg wurde die PFLP am 11. Dezember 1967 gegründet und anfangs von Wadi Haddad (auch: Abu Hani) und George Habash geführt. 1968 bildete sich dann die
PFLP-SC als bewaffneter Zweig unter Wadi Haddad und spezialisierte sich auf Flugzeugentführungen, um einerseits Aufmerksamkeit für die palästinensische Sache zu erregen, andererseits Gefangene
freizupressen oder Geld zu erpressen.
Ideologisch verband die PFLP Elemente des Marxismus-Leninismus mit dem palästinensischen Nationalismus. Ziel war ein bewaffneter Kampf zur Befreiung Palästinas und die Errichtung eines
sozialistischen palästinensischen Staates.
Geschichte 1968-1978 (in Auswahl)
- 1968: Flugzeugentführung eines El Al-Fliegers nach Rom bzw. Algier mit dem Ziel, in Israel
inhaftiere Palästinenser freizupressen; alle Geiseln und Entführer frei
- 1969: erste Flugzeugentführung der PFLP-Aktivistin Laila Chalid. Syrien nahm sechs der
von den Entführern freigelassenen israelischen Passagiere als Geiseln und tauschte sie
später gegen 13 Kriegsgefangene aus.
- 1970: gleichzeitige Entführung von vier Flugzeugen, eine fünfte Entführung durch Laila
Chalid scheiterte. Die Flugzeuge der Swissair, BOAC und der TWA mussten auf dem
stillgelegten Flugfeld „Dwasons Field“ nahe Zarqa in Jordanien landen. Nach einem
zermürbenden Nervenkrieg um die Freilassung inhaftierter Terroristen im Austausch
gegen Geiseln kamen letztendlich alle Geiseln unversehrt frei; die vier Flugzeuge
wurden gesprengt.
- 1972: Training und Einweisung von Mitgliedern der Japanischen Roten Armee durch die
PFLP-SC; die Japaner richteten anschließend am Flughafen Lod in Israel ein Massaker
unter Zivilisten und Flughafenmitarbeitern an mit 26 Toten und zahlreichen
Verletzten
- 1972 Lufthansa-Erpressung durch Haddad: 5 Mio. Dollar Lösegeld gezahlt für die nach Aden
im Südjemen entführte Maschine (Klein 268, Spiegel 38/78, 7.8.78, S. 79)
- 1974 Vorschlag des damaligen KGB-Chefs und späteren Staatschefs der UdSSR, Jury
Andropow, an Haddad: UdSSR liefert Waffen und Technik unter strengster
Geheimhaltung an die PFLP-SC mit Hilfe eines Aufklärungsschiffs der Seekriegsflotte
der UdSSR in neutralem Gewässer im Golf von Aden; SU-Chef Breschnew segnete
diesen Handel persönlich ab (Spiegel 4/07, 22.1.07, S. 45)
- 1975 Überfall und Geiselnahme bei OPEC-Konferenz in Wien im Dezember
- 1976 Haddad mit seiner Gruppe wegen der terroristischen Aktivitäten aus der PFLP
ausgeschlossen
Frühjahr: PFLP und drei deutsche Terrororganisationen wollten Fluggesellschaften
nach Mafia-Manier durch Explosionen zu Geldzahlungen erpressen (Klein 79f.)
Entführung nach Entebbe im Juni/Juli
- 1977 Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ nach Mogadischu
- 1978 nach Tod Haddads in Ostberlin 1978 Ende der PFLP-SC
Klein über die Rolle von Wadi Haddad
Nach seiner Beteiligung und Verwundung bei dem Überfall auf die OPEC-Konferenz in Wien im Dezember 1975 hielt sich Hans Joachim Klein mehrere Monate bei der PFLP-SC und Wadi Haddad auf. Nach Kleins Einschätzung erwies sich Haddad in dieser Zeit ganz klar als Chef der Terroristen - nicht nur innerhalb der PFLP-SC, sondern mindestens auch in Bezug auf die RZ. Haddad habe genaue Wortprotokolle über Gespräche geführt und diese dann archiviert. Er sei der Initiator und hauptverantwortliche Planer sowohl für den OPEC-Überfall als auch für die Entebbe-Entführung gewesen. Seine Aggressivität gegenüber Israel sei darin begründet gewesen, dass die Israelis im Unabhängigkeitskrieg 1948/49 sein Dorf zerstört und ihn mit seiner Familie verjagt hätten.
Haddad habe Kontakte zu quasi allen anderen internationalenTerrorgruppen gehalten, deren Kontakte untereinander aber unterbunden. Von den eigenen Geldbeschaffungsmaßnahmen abgesehen (Erpressung durch Flugzeugentführungen, Verkauf gefälschter, möglicherweise in Gaiganz gedruckter Flugtickets), seien einige arabische Staaten bzw. deren Regierungschefs seine Geldgeber gewesen. Dazu zählte sicherlich insbesondere der libysche Staatschef Gaddafi, der diese Rolle aber immer bestritten habe. Ganz eng mit der PFLP-SC zusammengearbeitet bzw. für diese gearbeitet habe die RZ. (Klein, in: Spiegel 32/78, 7.8.78, S. 73-80)
Er wurde der am meisten berüchtigte Terrorist der PFLP-SC. Der Venezolaner aus einer gebildeten, kommunistisch geprägten Familie hatte kurze Zeit in Moskau studiert und stieß ca. 1970 zur PFLP-SC, von der er zum Terroristen ausgebildet wurde. Ab spätestens 1974 wurde er der engste Mitarbeiter des Europa-Chefs der PFLP-SC, Michel Mourkabel.
Im September 1974 hatten Terroristen der Japanischen Roten Armee in Den Haag die französische Botschaft besetzt und Geiseln genommen, um einen japanischen Terroristen aus seiner Haft freizupressen. Als der französische Staat die Verhandlungen verschleppte, warf Carlos, um den Druck zu erhöhen, eine Handgrante in das Café "Drugstore" in Paris und tötete zwei Menschen. Diese Episode hat auch einen Zusammenhang mit der RZ, da die japanischen Terroristen und Carlos Waffen benutzt haben, die 1970 bei einem Überfall auf eine amerikanische Kaserne in Deutschland gestohlen worden waren und die wahrscheinlich Böse an die Japanische Rote Armee verschoben hatte. (vgl. Spiegel 34/83, 22.8.1983, S. 64ff.)
Spätestens ab Beginn des Jahres 1975 arbeitete dieser europäische PFLP-SC-Zweig eng mit der RZ zusammen: Im Januar mietete Johannes Weinrich ein Auto, das Carlos und andere für ein Attentat auf dem Pariser Flughafen Orly nutzte - Weinrich wurde dafür in Deutschland angeklagt und inhaftiert. Gemeinsam mit Klein, Böse, Kuhlmann und Kopp spähte man - allerdings erfolglos - in London ein mögliches Entführungsopfer aus.
Kurz vor der Besetzung der Stockholmer Botschaft der Bundesrepublik sollen sich Carlos und Mourkabel ebenfalls in Stockholm aufgehalten haben und im Anschluss an den missglückten Terrorakt nach
Frankfurt zur Manöverkritik gekommen sein (Spiegel 32/76, 2.8.1976, S. 92) - ein Zeichen dafür, dass die PFLP-SC nicht nur mit der RZ, sondern auch mit den anderen deutschen
Terrororganisationen zusammenarbeitete.
Als Mourkabel im Sommer 1975 ins Visier der französischen Fahnder geriet, wurde er observiert und gemeinsam mit Carlos und Böse fotografiert - beide Personen waren der französischen Polizei noch
völlig unbekannt und nur wegen des Kontakts zu Mourkabel verdächtig. Als kurz darauf Mourkabels Wohnung durchsucht wurde, klingelte Böse dort und wurde festgenommen, verhört und an die deutsche
Polizei weitergegeben, die ihn schnell freiließ - das Polizeifoto von Böse stammt aus dieser kurzen Haft. Mourkabel führte drei französische Polizisten in eine Wohnung, in der auch Carlos
anwesend war. Carlos interpretierte dieses Verhalten Mourkabels als Verrat, zog eine Waffe und erschoss zwei der völlig überraschten französischen Polizisten und verletzte den dritten
lebensgefährlich. Anschließend richtete er Mourkabel hin.
Im Dezember 1975 war Carlos der unangefochtene Anführer der Terroristen bei der OPEC-Geiselnahme in Wien und erschoss dabei - wie Klein betont: ohne jede (auch terroristische) Notwendigkeit
- ausgerechnet einen libyschen Diplomaten - Gaddafi stand eigentlich auf der Seite der Terroristen. Da er sich während der Entführung weitere Eigenmächtigkeiten gegen die Vorgaben des
PFLP-SC-Anführers herausnahm, fiel er bei Wadi Haddad in Ungnade und wurde z.B. für die Entebbe-Entführung nicht berücksichtigt.
Nach dem Tod Haddads 1978 gründete Carlos eine neue, eigene Terrororganisation unter seiner Führung. Seine Lebenspartnerin wurde Magdalena Kopp; einer seiner engsten Mitarbeiter wurde Johannes
Weinrich. Ihre Terrororganisation wurde vom Ostblock und besonders der DDR unterstützt. Als Carlos` Freundin Magdalena Kopp von der französischen Polizei verhaftet wurde, führte der Terrorist
einen brutalen „Rachefeldzug“ gegen Frankreich mit vielen, völlig willkürlich gewählten Todesopfern. Sein Charakter kann insgesamt nur als selbstverliebt, sadistisch, skrupellos und
psychopathisch bezeichnet werden - Böse und die RZ hatte sich mit ihm einen besonders üblen Partner gewählt.
Als der Ostblock 1989/90 zusammenbrach, verlor Carlos quasi alle seine Unterstützer, wurde 1994 vom Sudan an Frankreich ausgeliefert und dort zu lebenslanger Haft verurteilt, die er immer noch verbüßt.