Versuch eins Fazits

 

• Wilfried Böse war ein intelligenter, gebildeter und selbständiger junger Mann, der genau

     wusste, was er tat. Er war jederzeit selbstbestimmt, nicht etwa das Opfer übler Einflüsse

     von außen. 

 

• Einerseits erschien Böse nach außen hin als ein netter junger Mann mit einem

    hervorstechenden rhetorischen Geschick. Er genoss das Leben und wirkte dabei entspannt

    und gelassen. Durch seine offene und freundliche Art fiel es ihm auch sehr leicht, Menschen

    für sich einzunehmen. Dies führte dazu, dass ihm niemand von seinen Freunden,

    Bekannten und Verwandten Gewalt oder gar eine terroristische Laufrahn zutraute. Zudem

    hatte niemand den Eindruck, Böse sei ein Fanatiker. Von seinen Eltern und auch von

    Bamberger Bekannten wird bezeugt, Böse habe bis zuletzt immer wieder die Aussage

    wiederholt:  "Keine Gewalt!" In Wirklichkeit handelte er längst schon ganz anders.

 

• Von einigen — nicht allen — unserer Gesprächspartner wurde ein starker Geltungsdrang

    Böses bezeugt. Er wollte ernst genommen werden, eine klare, bedeutende Rolle spielen.

    Schon in der Schule wies er dabei ambivalente Züge auf: Einerseits bezog er klar Stellung,

    setzte sich auch für andere Mitschüler bzw. gemeinsame Interessen ein. Andererseits

    stach er auch nicht allzu sehr hervor, musste nicht immer in der ersten Reihe stehen. Ist das

    zunächst ja durchaus sympathisch, so war ihm diese Ambivalenz in seiner terroristischen

    Laufbahn eine wichtige, wenn auch sich negativ auswirkende „Hilfe": Einerseits plante und

    organisierte er terroristische Maßnahmen gut, andererseits blieb er geschickt und

    konspirativ im Hintergrund und sorgte somit dafür, dass er unterschätzt wurde. Er war, so

    zynisch das klingt und ist, ein sehr begabter und professioneller Terrorist. In dieser Hinsicht

    stimmt die Einschätzung der Geisel Sarah Davidson, dass Böse besonders gefährlich war:

    „Sarah hatte keinen Zweifel: Dieser Deutsche war der gefährlichste der Entebbe-

    Terroristen, gerade wegen seiner Ruhe, seines Lächelns, seiner guten Manieren." (Spiegel

    44/1976, S.185)

 

Böse war sicherlich Idealist, suchte nach Sinn in seinem Leben, nach einer Aufgabe, die

    lohnt. Dabei legte er sich aber in völliger Verblendung klare, für ihn unumstößliche

    Feindbilder zu. Um diese Feindbilder zu bekämpfen, war ihm sehr schnell jedes Mittel recht.

    Früh begann er Gewalt zu unterstützen und auch den Mord an Unschuldigen zu tolerieren.

    Dies gilt wohl schon für einen Zeitraum ab 1969/70, also lange vor Entebbe.

 

• Es gibt bisher keine Belege dafiir, dass Böse selbst, also persönlich, vor Entebbe zu Gewalt

    gegen Menschen gegriffen hat. Auch in Entebbe hat er wohl niemandem persönlich

    körperliche Gewalt angetan. Hatte er hier doch eine Hemmschwelle? Und, anders gefragt:

    Lassen manche Aussagen von Entebbe-Geiseln die Vermutung zu, dass Böse dort zu lernen

    und einzusehen begann, wie falsch sein Weg war?

 

• Dass Böse die Not und das Elend der Palästinenser wahrnahm und ernst nahm, ist ihm

    nicht als Fehler anzurechnen. Welche Ziele und Mittel er daraus ableitete, aber schon.

 

• Allerspätestens die Zusammenarbeit mit Carlos hätte Böse die Augen öffnen müssen für die

    groteske Falschheit seines Handelns: Carlos war ein psychopathischer Verbrecher, wie z.B.

    Hans-Joachim Klein schnell erkannte.